Unterwegs von Guayaquil nach Cuenca
Freitag, 6. September 2024
Guayaquil - Cuenca
Wir verlassen die Stadt über die Brücke nach Duran, einer eher einfacheren Stadt. Von der Brücke gibt es einen letzten Blick zurück nach Guayaquil. Viel größer als zwischen Duran und Samborondon, das wir nach einer weiteren Brückenüberquerung erreichen, könnte der Unterschied nicht sein. Dort leben die “Reichen und Schönen” Ecuadors in lauter Wohngebieten, die man erst nach Passieren einer Sicherheitsschleuse erreicht, umgeben von hohen Mauern.
Beim Kakaobauern
Bei Virgen de Fatima erfahre ich endlich mal, wie Schokolade entsteht. Nein, da laufen keine lila Kühe durch die Gegend. Und nein, da wachsen auch keine Schokoladentafeln. Unser Kakaobauer wirtschaftet nachhaltig. Der Kooperative gehören inzwischen 2.800 Familien an, es gibt auch zwei Schokoladenproduzenten. Kakaopflanzen, die immerhin bis zu 80 Jahre alt werden können, vertragen keine direkte Sonneneinstrahlung, für den Schatten sorgen Palmen und vor allem Bananenstauden.
Wir begleiten den Kakaobauern durch den gesamten Herstellungsprozess. Für uns pflückt er eine der großen Kakaobohnen vom Baum und lässt uns probieren, wie der Kern (nicht essbar) mit dem umgebenden Fruchtfleisch schmeckt. Beim Lutschen entfalten sich Frische, aber auch ein leichter Kakaogeschmack. Im nächsten Schritt werden die Kakaobohnen in Kisten geschüttet, wo sie dank Schwerkraft entsaftet werden. In den Kisten werden sie laufend gewendet, nach zwei Tagen lässt man die Kakaobohnen in die Kiste darunter fallen, zwei weitere Tage später fallen sie in die dritte Kiste.
Die nun deutlich trockeneren Bohnen werden nun in einem Gewächshaus ausgelegt, um ihnen möglichst viel der verbliebenen Flüssigkeit zu entziehen. Die Bohnen werden dabei jede Stunde einmal gewendet. Sind die Bohnen trocken genug, werden sie leicht geröstet.
Ich habe muir einen Ruf als Leckermäulchen hart erarbeitet, weshalb ich es mir nicht nehmen lasse, die Bohnen nach allen drei Produktionsschritten zu genießen. Von Prozess zu Prozess kommt der Kakaogeschmack immer mehr zur Geltung. Im letzten Schritt werden für uns ein paar Bohnen gemahlen. Man sieht ihren Fettgehalt an der Maschine regelrecht. Megalecker: Ananasstücke in dieser Kakaomasse gewendet. Einfach nur schokoladig frisch. Kein Wunder, dass Schokolade für die Inka die Speise der Götter war.
Andere Kakaobauern pflanzen den „Nesquick-Kakaobaum“ an. Also ohne schattenspendende Bäume, mit Bäumen die in die Breite wachsen. Der Aufwand ist wesentlich geringer. Das Ergebnis: Kakao ohne Geschmack, ohne die braune Farbe. Mit viel Fabstoffen und noch mehr Zucker entsteht so Schokolade. Oder so was ähnliches.
Auf 4.178 Metern Höhe
Unsere Fahrt Richtung Cuenca geht weiter. Immer gerade aus. Oder eher sehr kurvig, schließlich überwinden wir auf unserem Weg in die alte 2.530 Meter hoch gelegene Kolonialstadt den 4.178 Meter hohen Tres Cruzes-Pass. Heute morgen waren wir noch auf 10 Meter über Normalnull.
Links und rechts der Straße gibt es immer wieder Obststände, bei einem stoppen wir, trinken Kokosmilch, probieren verschiedenes Obst und vor allem die verschiedenen Bananensorten.
Unterwegs auf etwa 2.800 Metern machen wir einen Halt in einem schönem Lokal mit toller Fernsicht.
Absolut begeisternd, wie die durch den Humboldtstrom feuchtigkeitsgeschwängerte Luft hier über die Berge zieht, was wir am Schauspiel der sich ständig ändernden Wolkenformationen mitbekommen. Ach ja, tollen Kaffee und erstklassiges Gebäck gibt es auch. Wir treffen immer wieder Radfahrer, die dem populärsten Sportler des Landes nacheifern, Giro d’Italia-Gewinner Richard Carapaz. Ich fühle mich an den Tennis-Boom der 1980er Jahre in Deutschland erinnert mit Boris Becker, Steffi Graf und Michael Stich.
Oben auf der Passhöhe ist es kalt, stürmisch und feucht. Weiter unten erahnt man ein paar Seen.
Über viele Serpentinen geht es schließlich nach Cuenca.
Unterwegs im wunderschönen Cuenca
Spielein, Spieglein, wer ist die Schönste im ganzen Land, Quito oder Cuenca? Geht es nach den Einheimischen, ist das Ergebnis klar, Cuenca schlägt die Hauptstadt natürlich um Längen, dank seiner Kathedrale, seinen sauberen Straßen, der modernen Straßenbahn, den schöneren Geschäften und des entspannten Ambientes.
Wir machen den Praxis-Check.
Bevor wir uns zum Abendessen treffen, streife ich noch ein wenig auf eigene Faust durch die Stadt: Auf der Gran Columbia entlang zur Kirche San Sebastian (der Platz vor der Kirche ist leider eine Großbaustelle) und zurück über die Simon Bolivar zum Parque Calderon und der Neuen Kathedrale gibt es immer wieder was zu sehen.
Unterwegs wunderschöne alte Bürgerhäuser. Da allerdings durch alle Gassen ununterbrochen dichter Verkehr fährt (oder besser steht), sieht man vom Gehsteig eigentlich immer nur die Häuser auf der anderen Straßenseite, nie die auf der eigenen Seite. Und auch immer nur ab dem ersten Obergeschoss.
Unterwegs in der Altstadt von Cuenca.
Jetzt geht der alte Verkehrsplaner mit mir durch: Was spricht eigentlich gegen eine Fußgängerzone zwischen der Kathedrale und der Kirche San Sebastian?
Enttäuschend für mich ist, dass man vom Vorplatz aus die Kathedrale überhaupt nicht sieht, sondern nur von hinten. Am Abend sollte ich feststellen, dass es so manch eine versteckte Ecke gibt, von der man einen tollen Blick hat auf den Dom, etwa vom Innenhof eines benachbarten Hauses oder von einer Rooftop-Bar. Die erreicht man aber nur, wenn man einen Gucci-Laden durchquert (oder war es eine andere Marke?), wo man am Ende einen Lift zur besagten Rooftop-Bar findet. Oder auch nicht.
Im Endeffekt landen wir zu sechst in einer Bar, wo Kitsch zu seiner Höchstform aufläuft. Das hat was. Die Longdrinks und Cocktails erst Recht.
Untergebracht sind wir in einem schönen kleinen Hotel in einem Altbau direkt neben einer Kirche, die Zimmer gruppieren sich um ein Atrium.