Gocta

Rund um Chachapoyas gibt es einige der sensationellsten Sehenswürdigkeiten Perus (Quelle: Google Maps, eigener Entwurf)

 

Weit, weiter, Chachapoyas

 

Kuelap, Revash, Karajia, Yalape, das Mumienmuseum in Leimebamba, die Gocta-Wasserfälle... etliche der Highlights unserer Nordperu-Rundreise befinden sich in einem Radius von maximal 50 Kilometern rund um Chachapoyas. Irgendwo hoch oben in den Bergen. Und kaum ein Tourist kennt diese Ecke, kaum einer kommt her.

 

Zehn Stunden dauert die reine Fahrzeit per Pkw ohne Zwischenstopp von Chiclayo aus, von Cajamarca sind es auch neun Stunden, wenn man Nerven aus Stahl hat. Das schreckt sehr viele ab, weshalb man diese sensationellen Sehenswürdigkeiten quasi für sich alleine hat.

 

Es gibt zwar einen Flughafen, allerdings keine regelmäßigen Flugverbindungen. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Das bedeutet, die Anreise wird dann zwar einfacher, aber es wird alles voller, touristischer... Wer also dank meiner Homepage Appetit bekommen hat auf diese Region, sollte sich ranhalten!

 

Schon lustig, wie die Wolken eine Lücke lassen, damit man die Gocta-Fälle zu sehen bekommt.

 

Eigentlich hatte ich mich auf einen gemütlichen Tag in Chachapoyas gefreut. Ein bisschen durch die Stadt schlendern, in Geschäften umschauen, einen guten Kaffee trinken...

 

 

Stattdessen läuft mir der Schweiß wasserfallartig den Körper runter. Was ist da schiefgelaufen?

 

Ich bin zusammen mit unserem lokalen Guide Sheila unterwegs zum Gocta-Wasserfall. Unterwegs unterhalten wir uns angeregt. Sheila hat vergangenes Jahr den Gocta-Lauf mit etwas über 20 km Länge gewonnen. Nein, sauber war am Ende des Rennens keiner mehr, wie sie mir lachend bestätigt.

 

 

Ach Du Sch…!

 

Kein Wunder, sind wir doch wieder oberhalb von 2.000 Metern unterwegs, außerdem geht es laufend rauf und runter. Vor allem aber – wir sind hier schließlich im tropischen Bergregenwald unterwegs – ist der Boden total schlammig und rutschig, an vielen Stellen sinkt man locker mal 10 bis 20 Zentimeter tief ein. Ach ja - fast hätte ich es vergessen – da viele Pferde mit Touristen unterwegs sind, liegen auch überall die Hinterlassenschaften der Tiere. Auf gut Deutsch: Überall liegt die Scheiße herum. Matsch und das andere Zeugs sind nicht wirklich auseinanderzuhalten.

 

Wo hört der Schlamm auf und wo fangen die Hinterlassenschaften der Pferde an?

 

Auf dem Rückweg begleitet uns Harald, ein Krankenpfleger aus Österreich, der nach dem ganzen Corona-Stress erst einmal alles hingeworfen hat und sieben Wochen in Peru unterwegs ist. Nach einem kurzen Heimflug zur Hochzeit seiner Schwester geht es anschließend in weiteren 19 Wochen weiter in Richtung Kolumbien.

 

 

Seine Herausforderung: Er muss sehr intensiv planen, wie er von A nach B kommt. Von einer Stadt zur anderen geht das noch. Aber hoch in die Dörfer, um dann nach Yalape, Revash, Karajia oder hier zu den Gocta-Fällen zu kommen, wird der Weg eine echte Herausforderung. Einfach in den Bus steigen, gibt es hier nicht.

 

Hunde mit Gocta Falls / mit Sheila / mit Kind / mit (gejagtem) Huhn

Unterwegs mit zwei Hunden

 

Uns begleiten aber auch zwei niedliche Hunde, der eine davon hört auf den Namen „Machina“. Fotos von den beiden übereinander liegenden Wasserfällen haben die anderen auch. Ich habe aber Fotos von einem oder zwei Hunden mit Wasserfall, mit Peter, mit Sheila, mit spielenden Kindern, mit gejagtem Huhn...

 

Die anderen sieben reiten entweder zu den Fällen oder gehen nur ein kurzes Stück. Ikarus, unser Reiseveranstalter, hat nach Intervention unserer Reiseleiterin Carlotta eingesehen, dass er uns nach dem „Kuelap-Desaster“ etwa Gutes tun muss und bietet den Trip zu einem der höchsten Wasserfälle der Erde kostenlos an (sonst über 50 Euro extra, ist der einzige optional angebotene Punkt unserer Reise) incl. Essen und anschließendem Pisco Sour in der Gocta Andes Lodge. Eine gute Reiseleiterin weiß halt, worauf ihre Schäfchen Wert legen! Hicks!

 

 

Gocta: Erst 2006 „entdeckt“

 

Interessanterweise wurde der Wasserfall bis 2006 komplett „übersehen“, bis der Deutsche Stefan Ziemendorff zusammen mit Einheimischen eine Expedition zusammenstellte, um die Fälle zu vermessen. Damals brauchten sie für den Weg aus dem Tal zu den Fällen noch eine Woche. So gesehen ist die kurvige Schotterstraße fast schon ein Highway.

 

 

Wem sein Leben lieb sei, so sagten die Einheimischen, der wage sich nicht in ihre Nähe. Deshalb wusste man in der Gegend zwar, dass die (zweistufigen) Wasserfälle sehr hoch sind, hatte aber nicht den Schimmer einer Ahnung, wie hoch.

 

 

Wann ist ein Wasserfall eigentlich ein Wasserfall?

 

771 Meter hoch sind die Fälle. Liegen sie damit auf Rang 3 oder doch "nur" auf dem 17. Platz? Gar nicht so einfach. Wann ist ein Wasserfall eigentlich ein Wasserfall? Zählen Wasserfälle, die nur für einige Wochen nach der Schneeschmelze Wasser führen – viele davon liegen, bzw. besser gesagt fallen, in Norwegen – als „vollwertiger Wasserfall“? Wie geht man damit um, wenn ein Wasserfall aus mehreren Stufen besteht? Und wie, wenn gar aus mehreren Katarakten? Fazit: Eine Reihenfolge der höchsten Wasserfälle ist aus meiner Sicht extrem zufällig, der Gocta liegt demnach irgendwo zwischen Platz 3 und Platz 17. Aber drei Sachen sind glasklar (wie das Wasser des Wasserfalls): Die Gocta-Fälle sind verdammt hoch. Sie liegen spektakulär. Und es ist schweißtreibend, hinzukommen.

 

 

Der Wasserfall ist spektakulär, keine Frage. Ob man sich die Wanderung oder den Ritt bis zu den Fällen tatsächlich "antun" muss, ist eine andere Frage. Einen tollen Blick auf den Wasserfall hat man schließlich auch vom Dorf, vor allem vom Restaurant in der Lodge und dann gut einen Kilometer weiter von einem (heute geschlossenem) Café aus. Am interessantesten empfand ich eigentlich die körperliche Herausforderung.

 

 

Einen Liter Maracujasaft bitte!

 

Ich komme, da ich mich als einziger auf meine beiden Beine verlassen hatte, zusammen mit Sheila als letzter im Restaurant an und trinke erst einmal einen Liter Maracujasaft weg, der am Tisch bereitsteht. Ich sitze noch nicht richtig, da bekomme ich auch schon meine Suppe. Während ich noch am Löffeln bin, kommt mein Hauptgericht, das zumindest optisch eine Offenbarung ist. He Leute. Ich bin im Urlaub! Macht nicht so eine Hektik!

 

Das Essen schaut lecker aus! Unten und hinten mit großen Blättern ausgelegt, innen drin angemachter Reis, Huhn, ein Ei, Oliven und gebratene Bananen. Die sind leider auch das einzige, was mir wirklich gut schmeckt, der Rest war leider ziemlich fade. Ich war mir nicht sicher, ob das daran lag, dass ich stehend k.o. und ausgetrocknet ohne Pause gleich gegessen habe. Sabine sollte mir später bestätigen, dass das Gericht tatsächlich ziemlich ohne Geschmack war. Schade eigentlich, weil optisch hat das Essen wirklich 1A ausschaut!

 

 

Nie war eine Dusche schöner!

 

Stunden später: Nach einer Dusche fühle ich mich wie neugeboren. Heute Abend sind wir zu zweit noch mal im Amazonas 632, wo wir schon gestern waren. Lustig übrigens: Dort bekommt man zusammen mit dem Hinweis, dass man über den QR-Code am Tisch auf die Speisekarte kommt, auch ein Blatt Papier mit einer Eule drauf, wo nur die Linien vorgezeichnet sind. Dazu noch reichlich Wachsmalstifte. Es ist schon faszinierend, zuzuschauen, wie an allen Tischen gemalt wird. Und zwar von allen Altersklassen und egal, was der Anlass des Besuchs ist. Da malen nebenan auch die Geschäftsleute im Anzug, die zwei jungen verliebten Pärchen am Nebentisch, die zwei Paare im gesetzten Alter gegenüber, die Clique der Mittzwanziger am anderen Tisch.

 

Es ist etwa 20:30 Uhr, wir bestellen gerade unseren Pisco Sour, als uns der nette Kellner von gestern fragt, wo die anderen sind. Die Antwort, die seien schon schlafen gegangen, erntet schallendes Lachen. Er weiß aber halt auch nicht, dass wir morgen bereits um 5 Uhr früh in Richtung Chiclayo abreisen und heute eine anstrengende Wanderung hatten. Äh, Moment mal! Die hatte doch nur ich...

 

 

Ich habe für meine Klamotten von heute eine Quarantäneabteilung in meinem Koffer geschaffen. Da kommt alles rein, was ich heute anhatte, Trekkingschuhe eingeschlossen. Ich will schließlich nicht, dass eine Armada von Mücken unserem Bus hinterherfliegt.

 

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© Peter Belina