Hanoi 2

19.11.23

 

Tausende stehen in einer Schlange =  Ho Chi Minh-Mausoleum

Wir besuchen - zusammen mit ein paar Tausend Vietnamesen und Touris - das Ho Chi Minh-Mausoleum. Dort entstand unsere Liste der 10 schlimmsten Berufe Vietnams. Dazu zählt der Portier unseres Hotels Jardin. Der Architekt dort war der Meinung, eine Freitreppe sei elegant. Mag ja sein, praktisch ist sie aber nicht! Für mich habe ich sie die “10 Stufen zur Hölle" genannt; jeder Koffer muss sie 2x überwinden (Gottlob muss man das nicht selber machen). Ein weiterer Beruf - und deshalb entstand die Liste hier in der endlos scheinenden Schlange - ist die des Zivilisten, der vorne beim Eingang den ganzen Tag irgendwas ins Megafon brüllt: Eine Schlange - man steht ordentlich in Einerreihen - darf in das vorne stehende Gebäude, die benachbarte Schlange rutscht nach links oder nach rechts oder wohin auch immer. “Nach rechts, Leute”. Regelmäßig läuft er die Reihen auf und ab, wenn eine Order nicht umgesetzt wird. Mehrere Soldaten - auch ein Job unserer “Top Ten”-Liste - versuchen, die Weisungen umzusetzen und hören dabei Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute die Anweisungen des Megafon-Mannes...

 

Du erkennst die Struktur in dem Chaos nicht? Setzen, 6! Frag mal den Typen mit dem Megafon ;-)

Ho Chi Minh

“Onkel Ho”, schon zu Lebzeiten eine Legende, wird bis heute in Vietnam verehrt. Einen Aufstand gegen die Franzosen lehnte er ab. 1911 reiste er nach Frankreich und in die USA. In Versailles machte er sich für eine Unabhängigkeit Vietnams stark, wurde aber ignoriert.

 

1941 kehrte er - von den Franzosen in Abwesenheit zum Tode verurteilt - nach Vietnam zurück. Er legte den Grundstein für eine schlagkräftige Rebellenorganisation, die Viet Minh, die damals gemeinsam mit dem US-Geheimdienst die japanischen Besatzer bekämpfte. Die Unabhängigkeitserklärung von 1945 sah sich ganz in der Tradition Frankreichs und den USA.

 

Die Franzosen aber wollten Vietnam nicht aufgeben. So kam es letztendlich zum Vietnamkrieg, erst gegen die Franzosen, dann gegen die US-Amerikaner. Der Krieg sollte bis 1954 dauern und ein geteiltes und zerstörtes Land zurücklassen. Die Wiedervereinigung sollte der äußerst populäre Mann nicht mehr miterleben. Er war es aber, der (Nord-)Vietnam in die Unabhängigkeit führte.

Ho Chi Minh-Mausoleum

 

Irgendwann dürfen wir in das erste Gebäude, wo alles gescannt wird wie am Flughafen. Aussortiert werden v.a. Feuerzeuge und spitze Sachen. Nach dem Durchqueren mehrerer weiterer Gebäude, kommen wir irgendwann ins Mausoleum, wo man nicht stehen bleiben darf. Wir sehen “Onkel Ho” von drei Seiten, bevor uns das Gebäude wieder ausspuckt. Sein Gesicht ist extrem blass. Wäre meines auch, wenn ich seit 54 Jahren tot wäre. Blasses Gesicht, dazu das Verbot von Feuerzeugen und von scharfen Gegenständen: Kein Wunder, dass sich das Gerücht hartnäckig hält, das sei nicht der einbalsamierte Ho Chi Minh, sondern eine Wachsfigur. Die Wahrheit kennt wahrscheinlich selbst der Megafon-Mann nicht...

 

 

Wir besuchen auch noch den Präsidentenpalast, Ho Chi Minhs Wohnhaus und die Einsäulenpagode.

 

Die Einsäulen-Pagode unweit des Ho Chi Minh-Mausoleums.

 

Zeit für eine Nudelsuppe

Auf dem Weg zum nächsten Ziel stoppen wir bei einem Lokal für Nudelsuppe. Aus dem Bus raus fragt Trung, unser Reiseleiter, ob sie kurzfristig Nudelsuppe für 14 hungrige Langnasen machen können. Kein Problem. Den Sud haben sie eh fertig. Der Rest wird vom Familienbetrieb schnell hergestellt. Eine macht zwei Hühnchen klein, der nächste die Zwiebeln, die Dritte wirft die Nudeln in den Topf usw. 

 

 

Etwas zum Runterkommen: Vietnamesische Teezeremonie

Unser Zeremonienmeister erwartet uns und führt uns in den Genuss von Jasmintee ein. Ein Tee, der nicht in niedrigen Büschen wächst, so wie ich das aus Indien oder Sri Lanka kenne, sondern hoch oben in den Bäumen. Wichtig ist, dass wir erst mal die Hektik der Multimillionenstadt hinter uns lassen - also Augen zu und bewusst ein- und ausatmen. Einen Teesatz Jasmintee kann man problemlos 10x aufgießen. Respekt: Unser Zeremonienmeister hat keinerlei Probleme damit, so lange im Schneidersitz sitzen zu bleiben. Andere schon… Der Geschmack wird nach jedem Aufguss intensiver. 1,5 Millionen Dong soll ein Beutel kosten. Doch relativ viel. Zur Beruhigung: 1 Euro entspricht 26.400 Dong. Seit Tag 1, als ich 100 Euro umgetauscht hatte, bin ich Millionär! 

 

Wir laufen am Botanischen Garten entlang (leider nicht durch) und flanieren durch die eleganteste Straße im Französischen Viertel, dort, wo heute hochrangige Politiker leben, wo die Botschaften sind usw. 

 

Eine Teezeremonie mit Jasmintee im Hien Minh-Teahouse.

 

Zeit, einen Baum zu melken

Den Lackbaum gibt es tatsächlich. So wie auch ein Ahornbaum wird er “gemolken”. Dieser so gewonnene Lack ist die Grundlage für schwarze und bunt bemalte Bilder, Weinhalter, Schüsseln und mehr. Beim Herstellungsprozess zuzuschauen, ist richtig spannend. Manch einer - mich eingeschlossen - kauft was.

 

 

Hanoi Train Street

Bis vor wengen Jahren war es ein absolutes Muss, in der Hanoi Train Street einen Kaffee zu trinken. Wo hat man das schon, dass ein Zug in einem halben Meter Entfernung an einem vorbeifährt. Die Straße wurde zu einem Instagram-Hotspot. Kein Wunder, dass die Zahl der Touristen regelrecht explodiert ist. Als der erste Tourist angefahren und schwer verletzt wurde, war es vorbei mit dem unkontrollierten Schlendern durch die Train Street.

 

Heute dürfen nur noch die Anwohner rein. Aufseher verhindern, dass sich andere Personen "reinschmuggeln". Allerdings dürfen Cafés wohl wieder Gäste mit Anmeldung an der Kontrolle abholen und in die Straße reinlassen.

 

 

Tausende flanieren um einen See = Hoan-Kiem-See am Sonntag

Unser (fast) letztes Ziel für den heutigen Tag ist der Hoan-Kiem-See. Sonntags sind dort Autos und Mofas verboten. Wer wissen will, was das ausmacht, muss nur mal versuchen, zu Fuß eine der Straßen in Hanoi per pedes zu überqueren. Die Überlebensstrategie lautet: Nicht stehenbleiben! Keine Schwäche zeigen! Nicht nach links schauen! Und nach rechts schon gar nicht! Immer weitergehen! 

 

 

Wir besuchen auch kurz den Den Ngoc Son, einen Tempel auf einer Insel im See. Dort sind auch die Leichname zweier Schildkröten ausgestellt, die zu den letzten ihrer Art zählen. Die Ältere der beiden ist immerhin 400 Jahre alt und wurde 2,10 Meter lang und 1,20 Meter breit. Aktuell leben weltweit wohl nur noch zwei Exemplare dieser Yangtse Riesenweichschildkröten, eine in Hanoi, eine in einem chinesischen Zoo. Das Aussterben einer weiteren Gattung ist damit wohl nur noch eine Frage der Zeit.

 

 

Tee oder Kaffee?

Nach dem Tee heute Nachmittag wird es Zeit für einen Kaffee. Nicht für irgendeinen Kaffee, sondern für den traditionellen vietnamesischen Egg Coffee. Starker Kaffee, Eigelb mit Kondensmilch werden so lange verrührt, bis eine schaumige Masse entsteht. Richtig gut!

 

 

Hanoi kennenlernen, die zweite?

Wie gesagt, nur wer sich verläuft, lernt Hanoi wirklich kennen. Ein bisschen Muffensausen haben wir schon, ob wir diesmal ins Hotel zurück finden. Sollte aber kein Problem werden.

 

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© Peter Belina