Wadi Numeira

Berg Nebo: Blick aufs gelobte Land

 

Kein Wunder, dass Moses glaubte, vom 840 Meter hohen Berg Nebo das gelobte Land zu erblicken. Hinter ihm und seinem Volk lagen schließlich wochenlange Märsche durch Wüsten und Halbwüsten. Da ist ein erster Blick auf das fruchtbare Jordanland ohne Zweifel eine Offenbarung. Leider ist die Sicht etwas diesig heute. Die ersten Regenfälle seit dem Frühjahr werden erwartet. 

 

 

Die Franziskaner haben in den vergangenen Jahrzehnten viel Geld und Zeit investiert. Durch eine kleine Parkanlage geht es hoch zur Kirche, die auf einem Bau aus dem 6. Jahrhundert basiert.

 

 

Dort wurden unter zweifellos schön strukturierten Mosaiken eher zufällig weitere Mosaiken entdeckt, mit Menschen auf der Jagd und einer Vielzahl von Tieren. Versteckt wurden die Mosaiken vor dem Bildersturm im 8. Jahrhundert. So etwas gab es eben nicht nur im Islam, sondern auch im Christentum. Mich fasziniert vor allem diese Weitsichtigkeit, die eine Gruppe von Menschen vor mehreren Jahrhunderten dazu bewogen hat, diese wunderschönen Mosaiken quasi zu überbauen. Wahnsinn!

 

 

Vom 800 Meter hohen Berg Nebo geht es über eine spektakuläre Straße zum Toten Meer hinunter, das aktuell 435 Meter unter dem Meeresspiegel liegt und damit die größte sogenannte Depression der Erde ist. Warum „aktuell“ -435 Meter? Weil der See jedes Jahr rund 1,5 Meter weiter sinkt. Wenn dem Jordan und seinen Zuflüssen rund 90 % des Wassers für Bewässerung und die Wasserversorgung entzogen werden, bleibt das halt nicht ohne Folgen. Hinzu kommen am Südende des dort faktisch nicht mehr existierenden Seeteils die ganzen Unternehmen, die das Wasser verdampfen, um das Salz und den Schlamm zu gewinnen bzw. weiterzuverarbeiten.

 

Hier ein Artikel, der sich mit dieser Entwicklung auseinandersetzt.

Ergänzend drei Luftbilder aus den Jahren 1972, 1989 und 2011 und ein weiteres aus dem Jahr 2019.

 

 

Hängt in Sachen Schönheit den Grand Canon locker ab: Wadi Numeira

 

Am Nachmittag erwartet uns das zweite absolute Highlight nach Jerash, das Wadi Numeira. Wie Jerash ist das Wadi außerhalb Jordaniens praktisch unbekannt und das ist gut so, hatten wir das Wadi praktisch für uns alleine. Im Laufe der Jahrmillionen hat der Wind zusammen mit dem Sand und später mit dem Wasser einen sensationellen Canon geschaffen. Total schmal, oft nicht mal einen Meter breit, dafür aber 20 bis 50 Meter tief in den Fels eingeschnitten, das erwartet den Wanderer hier.

 

 

Ein kleiner Bach fließt durch, den man immer wieder überqueren muss oder den man gleich als Weg nutzt. Runde geschliffene Formen, Hunderte von Orangetönen, das zeichnet das Wadi aus. Außer an einer Stelle, wo man mal zwei Meter hochklettern muss, eine total einfache Wanderung und ein absoluter Traum.

 

 

Schöner als der Grand Canon? Auf seine Art schon, wie ich finde. Wirklich miteinander vergleichen kann man die beiden genau genommen aber natürlich nicht. 

 

 

In den Beschreibungen hat sich das Wadi spannend angehört, dass mich aber etwas derart einmaliges und sensationelles erwarten würde, damit habe ich nicht gerechnet. Beim Schreiben bekomme ich immer noch eine Gänsehaut.

 

 

Am Toten Meer

 

Das Grand Eastern, ein Resort „direkt“ am Toten Meer ist unsere Heimat für die beiden kommenden Nächte.

 

Mal ein Gedankenspiel: Wir sind in den 1980er Jahren, Du bist Multimillionär und Du möchtest Deine Millionen sinnvoll investieren. Deshalb baust Du ein Hotelressort direkt am Strand. Eines Morgens wächst Du auf und das ganze Wasser ist weg. Du findest es ein paar Meter weiter unten. Du denkst Du Dir: Klasse, Platz für einen weiteren Pool. Ein paar Tage später: das Wasser ist wieder weg. Uff! Wie beim letzten Mal findest Du es weiter unten. Gut, denkst Du Dir, baue ich halt weiter unten noch einen Pool mit Wasserrutsche, wobei Du die Handneigung ausnutzt. Wieder ein paar Tage später kommt Deine rechte Hand zu Dir: „Chef, das Wasser ist schon wieder weg!“ Also gut, ein Spielplatz wird gebaut. Seitdem schläfst Du schlecht, weil sich das Wasser immer weiter zurückgeht. Jetzt geht es nur noch darum, laufend neue Treppen zu bauen und die Duschen immer weiter nach unten zu verlegen. 

 

Natürlich verschwindet das Wasser nicht immer von heute auf morgen, aber im Endeffekt ist es genau das, was am Toten Meer seit Jahrzehnten abgeht.

 

 

Ich treffe zufälligerweise den Chef der Gartenanlage, der gerade mit seinen Mitarbeitern diskutiert, wie der Weg zum Strand verbessert werden kann. Der erklärt mir auf Nachfrage, dass der See aktuell jedes Jahr um etwa 1,50 Meter sinkt. Das Hotel wurde nach unseren Schätzungen in den 1980ern bzw. 1990ern errichtet. Seitdem ist einiges passiert. Bei mir zu Hause liegen 15 Stufen zwischen den Etagen. Nehme ich das als Basis, liegt der See inzwischen 12 Etagen unter dem Hotel!!!

 

In meinem Diercke-Schulatlas (Ausgabe 1974) war der See noch mit einer Höhe von 350 Metern unter Normalnull angegeben. Wie gesagt, aktuell liegen wir bei -435 Metern.

 

Nachts kann man oben auf der gegenüberliegenden Bergkante Jerusalem und Bethlehem sehen. Es ist Freitag, für die Muslime also ihr Wochenende. Im großen SB-Restaurant ist Halligalli, kaum jemand ist über 25, von den beiden Gruppen aus Deutschland und Frankreich abgesehen.

 

Hier geht es weiter zum Toten Meer

Hier geht es ganz nach oben

Hier geht es zurück zu den Qasr

 

binmalebenweg: Reiseblog - Reisereportage - Reisetagebuch

 

Kommentare

Bitte geben Sie den Code ein
* Pflichtfelder
  • Markus Bein (Freitag, 31. Dezember 2021 00:42)

    Was für eine tolle Schlucht! Was für phantastische Bilder

Druckversion | Sitemap
© Peter Belina