Berlin

20.09.2020

 

Frühstück gerade noch so im Westen

 

Heute lassen wir es etwas langsamer angehen. Wir wollen im Ost-West-Café frühstücken gehen. Laut Homepage geöffnet, in der Realität aber leider zu. Gegenüber gibt es noch ein kleines Selbstbedienungs-Café. Lecker, von der Apfel-Zimt-Schnecke mal abgesehen.

 

 

Was macht ein Berliner am Wochenende?

 

Ein paar Meter weiter der Mauerpark. Früher Teil des Todesstreifens, heute eine Grünanlage der etwas anderen Art. Mehrere Tausend Leute stehen an, um den größten Flohmarkt Berlins zu besuchen, den es hier jedes Wochenende gibt. Den lassen wir links liegen, schauen stattdessen den Sprayern zu, die die Hinterlandmauer neu besprühen (es gab bis 1989 zwei Mauern, eine vorne knapp vor der DDR-Grenze, dann kam der "Todesstreifen" und dann schließlich die Hinterlandmauer), und lauschen zwei Bands. Da gibt es z.B. auch einen Poeten, der auf der Grundlage von drei Worten ein Gedicht verfasst.

 

 

Musiker, Sprayer und Poeten

 

Woran merke ich, dass ich in einer Kleinstadt lebe, einer liebenswerten Stadt zwar, aber eben doch klein? An solchen Locations wie dem Mauerpark. In Berlin leben einfach genug Menschen, sodass eine entsprechende kritische Masse zusammenkommt. Außerdem haben die wenigsten einen Garten. Klar, dass solche Plätze wie der Mauerpark ihr Publikum finden.

 

Schade, dass offenbar geplant ist, die weltberühmte Hinterlandmauer im Mauerpark abreißen zu lassen. Wie kann man derartige Symbole der deutsch-deutschen Geschichte zerstören wollen?

 

Feste feiern?

Tempel besuchen?

Berge bestaunen?

 

Wer kennt sie nicht, die Bilder von der Bernauer Straße?

 

Symbole der deutsch-deutschen Geschichte gibt es auch weiter vorne, da wo wir gefrühstückt haben. Wer kennt nicht die historischen Aufnahmen, als hier, direkt am Straßenrand der Bernauer Straße die Mauer hochgezogen wurde?

 

Da, wo es anfangs noch Häuser gab, die direkt an der Grenze standen. Da, wo man vom Fenster der Wohnung im Osten in den Westen in wenigen Metern Entfernung blickte. Da, wo die Fenster der Häuser zur Westseite raus zugemauert wurden. Da, wo kurz vorher noch Menschen aus dem Fenster sprangen, in die Freiheit? Hier entstand auch das Foto von Conrad Schumann, einem damals 19-jährigen Polizisten der Volkspolizei-Bereitschaft beim Sprung in den Westen, einer der Medienikonen des Kalten Krieges und das Foto Bestandteil des deutschen UNESCO-Weltdokumentenerbes.

 

Warum ich so ausführlich darauf eingehe? Damit klar wird, dass es mit der Gedenkstätte, der Kapelle der Versöhnung und dem Dokumentationszentrum Berliner Mauer eine besondere Bewandtnis hat. Am Anfang standen wir ein bisschen wie die Ochs vorm Berg, aber die guten Dokumentationen vor Ort machten die Situation vor Ort schnell sehr klar.

 

 

Macht Geschichte lebendig: das Dokumentationszentrum

 

Im Dokumentationszentrum gibt es einiges zu sehen, so auch ein Videoclip rund um die Ereignisse des Jahres 1989. Es zeigt sich, dass nicht nur ich Gänsehaut bekomme, wenn ich die Worte des damaligen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher höre „...ich bin heute gekommen, ... um Ihnen mitzuteilen, … dass heute Ihre Ausreise...“.

 

Ein kleines Stück des Original-Todesstreifens ist noch erhalten. Oben vom Dach des Dokumentationszentrums hat man einen erstklassigen Blick darauf.

 

 

Auf zu den Landesmeisterschaften

 

Als wir wieder bei der Wohnung parken, sehen wir, dass in der Parkanlage rund um das Postparkstadion irgendwas los ist. Neugierig, wie wir sind, schauen wir natürlich mal nach und erfahren, dass dort in der Rollsportanlage die Berliner Landesmeisterschaften der Rollkunstläufer stattfinden. Da wir beide so etwas noch nicht gesehen haben, beschließen wir spontan, uns das doch mal eine Weile anzuschauen. Als wir dort sind, findet gerade die Kür der Schüler D Mädchen statt, das sind die unter 10-Jährigen. Wir schauen uns zwei oder drei der Wettbewerbsbeiträge an. Die haben ganz schön was drauf, die Mädels.

 

Das beste Essen gibt es halt immer noch „zu Hause“, lecker die Rigatoni mit Thunfischsauce. Dass es beim richtigen Wetter und mit den richtigen Leuten auch Spaß macht, einfach nur auf dem Balkon zu sitzen, beweist sich auch heute wieder.

 

Rheinsberg

In the „middle of nowhere“

 

Ein tolles Wochenende, sodass ich ehrlich gesagt eher ungern abreise. Von Berlin mit seinen rund 3,8 Millionen Einwohnern verschlägt es mich nach Kleinzerlang mit seinen 165 Einwohnern, einen Ortsteil von Rheinsberg, genauer gesagt in die Wolfsbruch-Marina.

 

Kurz hinter Berlin sehe ich in der Luft über 20 Gruppen von Vögeln. Kraniche und andere, die in Richtung Süden fliegen. Wenn das kein Zeichen dafür ist, dass der Herbst naht!

 

Nahe Kleinzerlang wurde in the middle of nowhere eine Marina mit Hotel-, Bungalow- und Spa-Anlage hochgezogen. Kurz vor 20 Uhr komme ich dort an und buche gleich eine Halbpension dazu, könnte etwas schwierig werden, in der näheren Gegend ein Gasthaus zu finden.

 

Beim Empfang sind sie total nett, ich solle erst einmal mein Abendessen zu mir nehmen, das Auto könne ich stehen lassen, die Formalitäten erledigen wir nachher.

 

 

Aladins Wunderlampe

 

Nach Frau Holle und dem Rattenfänger von Hameln wird es Zeit für ein neues Märchen, Aladins Wunderlampe.

 

Gut, dass es einen Plan der Anlage gibt, könnte sonst etwas schwierig werden, mein Zimmer zu finden. Ich wohne im Haus „Am Kanal 8“, jwd von jwd. Ruhiger geht’s nimmer, vor allem, da die Wegbeleuchtung im hinteren Teil ausgefallen ist. Glücklicherweise habe ich Aladins Wunderlampe dabei und spreche die magischen Worte „Wunderlampe an!“. Nichts passiert. Ach so, muss natürlich heißen „Taschenlampe an“. Das Tolle: mit dem Ding soll man auch telefonieren können :-)

 

Ich bin heute so spät angekommen, dass ich von der ganzen Anlage nicht mehr viel habe. Gleich morgen früh muss ich um eine Nacht verlängern. Das ist der Vorteil, wenn man ohne klar umrissene Reiseziele unterwegs ist.

 

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Tag 12: Kleinzerlang und Mirow

 

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